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Hygiene – mehr als nur ein Wort

Beitrag erstellt von Thomas Zydeck am 14. Juni 2018
adult-blur-clean-545014Hygiene, ein Wort und eine Bezeichnung die in vielen Bereichen, ob Privat oder im Gewerbe, viele Bedeutungen und auch Interpretationen hat. Wenn wir in unseren Schulungen, die wir seit fast 20 Jahren durchführen, Personen fragen, ob Sie Personalhygiene kennen und betreiben, antworten immer alle mit Ja. Auf die Frage, „wie wichtig ist Ihnen Hygiene in Ihrem privaten Umfeld“, also Haus oder Wohnung, bekommen wir auch immer die gleichen Antworten, natürlich Ja, und sehr wichtig.

 

Gut, lassen Sie uns hierzu ein paar Fragen stellen, die jeder Leser für sich selbst beantworten kann.

Um Hygiene anwenden zu können, muss man wissen, wo es wirklich gefährlich werden kann. Also in welchen Bereichen es in einem privaten Haushalt vielleicht zu der Vermehrung von Mikroorganismen kommen kann. Wichtig hierbei ist, dass wir uns über einen normalen Haushalt unterhalten und nicht über einen, wo vielleicht ein Pflegefall oder eine kranke Person betreut wird. Auch wichtig ist nun mal die Tatsache, dass Mikroorganismen immer drei Faktoren benötigen, um sich schnell vermehren zu können.

  1. Temperatur
  2. Feuchtigkeit
  3. Nahrungsgrundlagen

 

Zurück zu unseren Antworten der Teilnehmer in Bezug auf die gefährlichen Stellen in einem Haushalt.

Die meisten Antworten, zu 98 % der Befragten, sind nun folgende:

  • Sanitärbereich wie WC
  • Waschbecken
  • Armaturen und Lichtschalter

 

Hätten Sie auch diese Antworten gegeben?

Wenn Ja, liegen auch Sie etwas daneben. Die erste Gefahrenquelle ist in einem Privathaushalt der Kühlschrank. Und zwar nicht der Griff und die Dichtung, das sind nur die erkennbaren Folgen, sondern das sogenannte Abtropfloch. Wenn man seinen Kühlschrak öffnet, erkennt man die hintere Rückwand, unter der immer zwei kleine Schienen sind, in deren Mitte sich ein kleines Abtropfloch befindet. Um zu testen, ob das Abtropfloch verkeimt ist, nehmen Sie einen sauberen Oropax, stecken ihn in das Abtropfloch, rühren etwas und halten ihn dann unter Ihre Nase, um einen tiefen Atemzug zu nehmen. Sie wissen nun, dass man dieses Abtropfloch in gewissen Abständen reinigen bzw. desinfizieren sollte.

 

Die zweite Stelle in einem Haushalt ist immer der Spüllappen, unabhängig ob er rot, grün, gelb oder blau ist.

Bei Fragen an unsere Schulungsteilnehmer, wie nun damit gereinigt wird, erhalten wir auch hier immer die gleichen Antworten. Man nimmt diesen Lappen, hält in unter das saubere Wasser, gibt etwas Handspülmittel dazu und schon geht die Reinigung los. Die Frage die sich nun stellt ist, kann Handspülmittel Bakterien, Viren oder Sporen abtöten? Ich denke, Sie kennen oder vermuten schon die richtige Antwort: Natürlich nicht. Damit ist jedoch die Gefahrenquelle noch nicht ganz erzeugt.

Wenn wir nun mit den Reinigungsarbeiten in der Küche fertig sind, wird der Spüllappen unter fließendem Wasser gereinigt und zum Trocken auf die Heizung oder das Fensterbrett gelegt. Was benötigen Mikroorganismen, um sich schnell zu vermehren? Richtig: Feuchtigkeit, Temperatur und Nahrungsgrundlage. Genau diese Faktoren haben Sie nun in bzw. auf Ihrem Spüllappen erzeugt. Bei ATP-Messungen (Keimzahlmessungen) konnten wir den Teilnehmer immer sehr eindrucksvoll zeigen, dass in einem Spüllappen nach 24 bis 48 Stunden mehr Mikroorganismen enthalten sind, als sie auf einer öffentlichen Bahnhofstoilette jemals erreichen könnten. Mit anderen Worten, Sie haben einen Kleintierzuchtverein geschaffen, wahrscheinlich ohne es zu wissen.

 

Gehen wir nun gedanklich von dem Privathaushalt in den professionellen Housekeeping Bereich eines Hotels.

Auch hier würde die erste Frage wie folgt lauten: Haben Sie ein farbiges Lappensystem? Wenn nicht, brauchen wir uns über die Hygiene keine Gedanken mehr machen. Wenn Ja, was die meisten auch haben, ist die nächste Frage: Wie viele Farben haben Sie den in diesem Bereich? Die nun folgenden Antworten sind so vielfaltig und verschieden, wie die jeweiligen Betriebe an sich.

In guten Hotels arbeitet man meistens mit einem Drei- oder Vierfarbsystem im Housekeeping Bereich. Rot für das WC und Urinale, insofern diese vorhanden sind, Blau für Duschwannen, Duschabtrennungen, Waschbecken und Armaturen, Gelb zur Desinfektion und Grün für das Zimmer wie Schreibtisch, Abstaubarbeiten usw. Der separate Lappen für Glasflächen ist Standard und kann von uns ignoriert werden.

 

Wir reden hier also über ein 4-Farb-Lappensystem, das im Regelfall im Einsatz ist.

Nach meiner Meinung reichen aber die 4 Farben nicht aus, um eine hygienische Reinigung zu gewährleisten, ganz im Gegenteil. Das 4 Farben-Lappensystem ist sogar sehr unhygienisch und das möchte ich kurz erläutern. Gegen den roten Lappen für WC und Urinale habe ich nichts, auch nicht gegen den gelben Lappen zur Desinfektion und auch nicht gegen den Grünen Lappen für den Rest des Zimmers. Mein Problem-Lappen ist der blaue Lappen, mit dem Duschwannen, Duschabtrennungen, Waschbecken und Armatur gereinigt werden. Die Frage, die nun meist kommt ist: „Warum denn das?“

Die Antwort ist so einfach und auch menschlich, wenn man sich die Gegebenheiten in einem Bad mal genauer anschaut. Wenn Menschen in einem Hotelzimmer duschen, sind die meisten Menschen nackt - hat auch Sinn. Das bedeutet, dass wir uns über die menschliche Körperbehaarung Gedanken machen müssen. Wir reden hier über alle möglichen Haare, was doch auch jeder wissen sollte, der schon mal einen Siphon gereinigt hat. Dazu kommen Auswertungen aus Statistiken, die, wie ich betonen möchte, nicht in gut oder schlecht von mir eingeteilt werden. Sie sind jedoch Fakten, die für eine hygienische Reinigung wichtig sind.

Was glauben Sie, wie viele Menschen von 10 in der Früh beim Duschen Urin lassen? Was glauben Sie, wie viele Menschen von 10 sich in der Früh beim Duschen die Nase putzen, denn durch Wärme und Feuchtigkeit löst sich Schleim in unseren Nebenhöhlen. Dazu kommt, dass wir auch im Normalfall alle “Teile“ an unserem Körper waschen. Weitere mögliche Aufzählungen werde ich mir an diese Stelle verkneifen. Bei dem wie oben beschrieben 4-Farb-Lappensystem bedeutet es nun, dass erst mit dem blauen Lappen genau diese Verunreinigungen in einer Duschwanne „gereinigt“ werden, was zugegebener maßen keine Berge sind, doch dennoch sind diese Verunreinigungen in nahezu jeder Duschwanne vorhanden. Und nach dieser „Reinigung“ wird der blaue Lappen benutz, um das Handwaschbecken und die Armatur zu reinigen, an der sich dann die Gäste die Zähne putzen sollen.

 

Um jetzt noch einen obendrauf zu setzten kann jeder Leser sich die Frage stellen, mit welchen Lappen nun die Zahnputzgläser gereinigt werden, sofern es keine Einmalgläser sind...

Sie sehen, dass alleine der Einsatz bestimmter Lappen für bestimmte Tätigkeiten eine Wissenschaft für sich ist.

Unsere Empfehlung hierzu ist ein 5-Farb-Lappensystem, zuzüglich dem Lappen für Spiegel und Glasflächen, zuzüglich einem eigenen Handtuch für Zahnputzgläser. All diese Lappen gibt es auch antibakteriell und in den benötigten Farben. Die antibakteriellen Lappen sind nicht nur antibakteriell beim Kauf, sondern sind und bleiben dies auch nach dem Waschen.

Wenn nun schon die Lappen so eine große Herausforderung sind, kann man sich doch vorstellen, dass das Thema der Bettwäsche, des Kopfkissens und der Matratze noch ein viel größeres ist. Leider steckt dieser Bereich noch in den Kinderschuhen. Nach meiner Meinung nach müssten auch hier klare Anforderungen an eine Hotelklassifiezierung gestellt werden. Gerade in einem Bett liegen die verschiedensten Gäste eine nicht unerhebliche Zeit. Hier klare Anforderungen in Sachen Hygiene und auch Allergien zu stellen ist für mich eine sehr wichtige Angelegenheit, die auch seine absolute Daseinsberechtigung hat.

 

Um zum guten Schluss ein paar Zahlen zu nennen, die wir bei Keimmessungen festgestellt haben.

In einem Spüllappen, der nicht antibakteriell ist, befinden sich nach 24 Stunden um die 700.000 Keime. Man kann sich leicht ausrechnen, wie viele Keime dann auf der großen Fläche einer Matratze sein werden, warm, feucht, Nahrung. Für die vielen Geschäftsreisenden und Gäste in einem Hotel sei also bemerkt, dass diese nie alleine in einem Bett schlafen werden. Dass ich hier keine Personen meine, dürfte nun jedem Leser auch klar sein.

 

     


Kategorien: Erfahrungsbericht

Thomas Zydeck

Details zum Autor - Thomas Zydeck

Sachverständiger für Betriebshygiene & Anlagenhygiene ist seit 1999 selbstständig tätig im Bereich Hygiene und zudem akkredierter Probennehmer. Er ist Autor zahlreicher Artikel und Publikationen, u.a. Infoblatt „Allergenkennzeichnung“ der DIHK, „Was der Gastwirt wissen muss“ und im Behrs-Verlag „Reinigung & Desinfektion in der Gemeinschaftsverpflegung“. Er betreut als offizieller Hygienebauftragter Seniorenheime/ Altenheime und Gemeinschaftsverpflegungen. Er ist Fachreferent bei der IHK Koblenz für Hygiene sowie bei der Dehoga Rheinland-Pfalz für Hygiene und § 4 Schulung, als auch bei der Handwerkskammer Koblenz für Meistervorbereitungskurse der Berufe Bäcker, Konditoren und Fleischer. Herr Zydeck ist Inhaber der Firma maxINtime GmbH.